PUMA – Workshop: Komplexe Stichprobendesigns (12.05.2016 / JKU Linz)

Die empirische Sozialforschung benötigt Daten, die zu interessierenden Fragestellungen vorliegen. Sind solche für große Populationen nicht in amtlichen Registern vorhanden bzw. Vollerhebungen nicht durchführbar, dann sind Stichprobenerhebungen aus der betreffenden Population eine sinnvolle Alternative.  Diese stehen im Zentrum des PUMA – Workshops „Komplexe Stichprobendesigns“ am 12. Mai 2016 an der Johannes Kepler Universität Linz (JKU).

Verschiedene Gründe sprechen dafür, eine Population vor der Stichprobenauswahl in der Designphase einer Stichprobenerhebung in Schichten und/oder Klumpen von Erhebungseinheiten zu zerlegen. Solche Gründe können sein, dass Schätzer bestimmter Genauigkeit innerhalb verschiedener Teilmengen der Population (zum Beispiel Alters- oder Bildungskategorien) benötigt werden oder dass die Population aus organisatorischen Gründen beispielsweise in geografisch abgegrenzte Teile mit eigener Stichprobenorganisation zerlegt werden soll. Ferner bieten solche Vorgehensweisen die Möglichkeit, dass im Vergleich zur einfachen Zufallsziehung der Erhebungseinheiten direkt aus der gesamten Population ein Genauigkeitsgewinn oder eine Aufwandsverringerung erzielt werden kann. Beispiele für institutionalisierte Anwendungen komplexer Stichprobendesigns sind der österreichische Mikrozensus oder die PISA-Studie.
Auch in den Sozialwissenschaften ist die Anwendung solcher Designs aus oben genannten Gründen durchaus üblich. Den auf diese Weise erhobenen Daten sieht man es nicht an, auf welche Weise sie erhoben wurden. Ihre formale Behandlung mit der – häufig auch in Statistikprogrammpaketen standardmäßig eingestellten – Theorie für einfache Zufallsauswahlen führt dann zu verzerrten Schätzern für die interessierenden Parameter, ungültigen Konfidenzintervallen, deren angegebenes Sicherheitsniveau nicht zutrifft, und – nicht zuletzt – falschen p-Werten beim statistischen Hypothesentesten und somit zu falschen Testergebnissen.
Im Workshop, der sich an alle (sozialwissenschaftlichen) Anwender und Anwenderinnen statistischer Stichprobenmethoden wendet, soll auf diese unvermeidlichen  Auswirkungen der Nichtberücksichtigung des tatsächlich verwendeten Stichprobendesigns aufmerksam gemacht werden. In den Beiträgen werden sich Experten aus diesem Bereich auf anschauliche Weise theoretisch mit der Problematik auseinandersetzen und so die gängige Praxis der Stichprobenerhebungen beschreiben.
 
Themen und Vortragende:
Der Design-Effekt komplexer Stichprobendesigns
Johann Bacher, Univ.-Prof. an der Abteilung für Empirische Sozialforschung am Institut für Soziologie der JKU und Dekan ihrer Sozial- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät; er beschäftigt sich unter anderem mit Methoden der empirischen Sozialforschung: Grundlagenforschung in der Methodenentwicklung, Entwicklung und Anwendung von neuen Verfahren der Datenerhebung, Datenauswertung und des Datenmanagements, insbes. Klassifikation und Skalierung, neue Entwicklungen der Clusteranalyse einschl. Datenfusion und Statistical Matching; er ist unter anderem (Mit-) Autor der Bücher „Clusteranalyse. Anwendungsorientierte Einführung in Klassifikationsverfahren“, „Geschlechterunterschiede in der Bildungswahl“  und „Unterstützung der arbeitsmarktpolitischen Zielgruppe ‚NEET‘ “.
 
Das Stichprobendesign des österreichischen Mikrozensus und seine Genauigkeit
Alexander Kowarik, Leiter der Methodenabteilung der Statistik Austria und daher an der Schnittstelle von Theorie und Praxis in der österreichischen offiziellen Statistik; er beschäftigte sich in seiner Dissertation mit den verschiedenen Bereichen des statistischen Produktionsprozesses: Entwicklung von Statistiksoftware, statistische Veröffentlichungskontrolle, Behandlung fehlender Werte, Visualisierung der Ergebnisse statistischer Erhebungen, saisonale Zeitreihenbereinigung. Ferner ist er als hauptverantwortlicher Methodenexperte an der Statistik Austria auch Mitautor eines aktuellen Papers zu den Methoden des österreichischen Mikrozensus.
 
Eine anschauliche Darstellung der Auswirkung verschiedener Stichprobendesigns auf die Genauigkeit der Stichprobenergebnisse
Andreas Quatember, a.Univ.-Prof. am IFAS-Institut für Angewandte Statistik der JKU; er beschäftigt sich in der Forschung mit  dem Gebiet „Data Quality in Statistical Surveys“ und darin insbesondere mit Stichprobentheorie und Erhebungsmethoden; er ist unter anderem Autor der Bücher „Statistik ohne Angst vor Formeln“, „Datenqualität in Stichprobenerhebungen“, „Pseudo-Populations – A Basic Concept in Statistical Surveys“ und „Statistischer Unsinn. Wenn Medien an der Prozenthürde scheitern“.
 
Ort: Johannes Kepler Universität Linz (JKU), Altenberger Straße 69, 4040 Linz, Raum S3 047 (Science Park 3, Erdgeschoß, vom Campus kommend rechts)
Termin:  Donnerstag, 12. Mai 2016, 13:45 bis 17:00 Uhr
Anmeldung: Schicken Sie Ihre kostenlose Anmeldung zum Workshop noch bis spätestens Ende April 2016 per E-Mail an andreas.quatember@jku.at