Mission Statement der Sektion Bildungssoziologie
Die bildungssoziologische Landschaft in Österreich ist vielfältig und reicht von Forschungen zu Bildungsideen und -werten, Diskursen, Praktiken, Bildungsentscheidungen, Organisationen, Funktionen, Bildungsinstitutionen, bis zu Macht und Bildungsungleichheiten. Die Bildungssoziologie erforscht Lehr- und Lernprozesse, Zugänge und Barrieren für Lernende und Lehrende. Sie umfasst dabei alle entscheidenden Phasen des Lebenslaufs: Neben der Schule und der (Fach-)Hochschule steht die vorschulische Bildung, die Berufsbildung, die Erwachsenenbildung und das informelle Lernen im Blickpunkt der bildungssoziologischen Forschung. Auf gesellschaftlicher Ebene nimmt sie die Funktionen, Effekte und Werte des Bildungssystems sowie inhärente Macht- und Herrschaftsstrukturen in den Blick.
Die Bildungssoziologie fragt u.a., wie sich das Feld der Bildung zu anderen gesellschaftlichen Teilbereichen und der gesellschaftlichen Struktur sozialer Ungleichheit verhält: Inwiefern werden in Bildungsinstitutionen Herrschaftsstrukturen und Diskriminierung reproduziert? Inwieweit wird sozialer Aufstieg befördert und von wem? Welche Bildungskonzepte und Bildungsbeteiligungen haben verschiedene soziale Gruppen? Wie be- und verarbeiten Bildungsakteur*innen gesellschaftliche Veränderungsprozesse, etwa neue Medien und Technologien, demografische Veränderungen, Wandel von Berufen, politische Transformationen und neue Governance? Wie kommen Bildungsreformen zustande und woran scheitern sie in der Praxis? Welche (nicht immer unproblematische) Rolle spielen schließlich bildungssoziologische Expert*innen in diesen Reformprozessen?
Plattform zur Vernetzung
Obwohl Bildung als gesellschaftliches Thema in aller Munde ist und auch eine große Zahl an Soziolog*innen in diesem Bereich arbeiten, ist die Bildungssoziologie im österreichischen akademischen Diskurs marginalisiert. Als angewandte Bildungsforschung berät sie zwar Bildungspolitik und Bildungsplanung, es gibt jedoch keine universitären Lehrstühle an den soziologischen Instituten und nur sehr selten findet das Thema Eingang in das Lehrveranstaltungsverzeichnis. Gleichzeitig ist die gesellschaftliche Bedeutung von Bildung unumstritten und viele Soziolog*innen sehen sich in ihrer Selbstwahrnehmung als Bildungsexpert*innen. Es wäre jedoch notwendig, die Bildungssoziologie in der universitären Lehre institutionell zu verankern, um es Studierenden der Soziologie zu ermöglichen, sich in diesem Feld fundiert auszubilden und dazu nicht auf andere Fakultäten oder sogar Länder ausweichen zu müssen. Auch finden innerhalb des hochgradig interdisziplinären Forschungsbereichs wichtige Entwicklungen und wissenschaftliche Neuerungen statt, die Bildung etwa mit aktuellen soziologischen Themen wie Wirtschaftskrise, Rassismus, Bürgerschaft, Kritik, postkolonialer und queerer Theorie, Diversität, Inklusion, Körper oder Emotionen verbinden.
Gerade deshalb ist es das Ziel der Sektion Bildungssoziologie der österreichischen Gesellschaft für Soziologie (ÖGS), den Aktivitäten, Forscher*innen und interessierten Studierenden dieses Bereichs eine Plattform zur Vernetzung zu bieten und bildungssoziologische Arbeiten zu fördern. Im Mittelpunkt der Sektionsarbeit steht dabei der kritische Austausch über aktuelle Forschungen der österreichischen Bildungssoziologie, gemeinsame Veranstaltungen, Sektionstreffen, Publikationen, Lehrveranstaltungen, und Kooperationen mit anderen nationalen und internationalen Sektionen.