Symposium: Universitäre Redefreiheit und Wahrheitsanspruch
Ein Spannungsverhältnis und seine Gestalt in Zeiten aktueller Konjunktur des Nationalistischen
Anmeldung unter: nicole.irmler(at)univie.ac.at
Anmeldefrist: 28.02.2021
Einladung als PDF: Hier.
Allerdings beanspruchen mit dem Argument der Meinungs- und Redefreiheit auch Akteur*innen den universitären Raum, die es weniger auf Erkenntnissuche denn auf die Durchsetzung ihrer Weltanschauungen abgesehen haben. Auch an den Universitäten in Österreich und Deutschland ist zu beobachten, dass nicht nur vermehrt nationalistische und rassistische Schemata als Weltsicht artikuliert werden, sondern diese Artikulationen mit Bezug auf das auch an der Universität zu gelten habende Gebot der Rede- und Meinungsfreiheit abgesichert und ermöglicht werden.
Im Namen der Redefreiheit sind an Rassekonstruktionen anschließende und diese bestärkenden Aussagen etwa über „die Muslime“, „den Islam“, „die Migranten“ vermehrt auch an den Universitäten vernehmbar. Im Kontext vermehrter menschenrechtsverletzender, partikularistischer Entwicklungen in Europa und der Welt, die in der Konstruktion, Abwertung und Dämonisierung Anderer ihre ideologisch- legitimatorischen Elemente finden, stellt sich die Frage, wie die Universität und die Wissenschaften auf das Erstarken dieses Denkens, auch im akademischen Raum, reagieren. Angesichts der Geschichte des Rassismus, der an der Universität einen zentralen Ort seiner Entstehung fand, scheint der Glaube daran, dass sich „die Wahrheit“, und nicht das rassistische Denken, schon durchsetzen werde, allein nicht auszureichen. Zusehen und zuwarten? Den (durchaus fortgeschrittenen) Anfängen wehren? Das argumentative Gespräch mit jenen suchen, die gegen Menschenrechte und Gleichheit und für die autoritäre Zensur der Widerrede arbeiten?
Aber ist hier nicht bereits eine Voraussetzung gemacht, die das Primat der Erkenntnis und das Gebot, dass nichts außer Frage stehen darf, einschränkt? Muss die Möglichkeit, dass rassistische oder auch sexistische Perspektiven, dass also die essentielle Ungleichheit des Menschen, die seine gruppenspezifischen, differentiellen Anrechte und Privilegienrechtfertige, als Denkmöglichkeit in Betracht genommen werden? Verlöre dann aber nicht die Universität ihre institutionelle Berechtigung in der Demokratie? Und weist dies auf ethische Grundlagen der Universität und der Wissenschaft hin, die dem Erkenntnisprozess vorausgehen?
Die Reihe Verantwortung der Universität
Im November 2018 fand im Rahmen der Reihe Verantwortung der Universität die Veranstaltung „Die zunehmende kulturelle Legitimität nationalistischer Positionen – Gesellschaftspolitische Verantwortung der Wissenschaft“ statt. Wir möchten mit dem Symposium „Universitäre Redefreiheit und Wahrheitsanspruch“ daran anknüpfen und dazu einladen, die Auseinandersetzung mit dem Thema „Verantwortung der Universität“ an unterschiedlichen universitären und außeruniversitären Orten der Wissensproduktion weiter zu verfolgen und im Rahmen kleinerer und größerer Veranstaltungen öffentlich zu thematisieren. Wir wünschen uns, dass von unserer überfachlichen Veranstaltung ein Impuls ausgeht, der zukünftige Aktivitäten zu dem Thema an unterschiedlichen Orten, in unterschiedlichen disziplinären Ausrichtungen und in unterschiedlichen intellektuellen Konstellationen zur Frage der Verantwortung der Universität, der Wissenschaft, der Kunst, der Intellektuellen in dieser Zeit erstarkender nationalistischen und rechtsextremen Denkens und Handelns anregt.
Initiator*innen:
Univ.-Prof.in Dr.in Bettina Dausien (Universität Wien, Institut für Bildungswissenschaft, Arbeitsbereich Bildung und Beratung im Lebenslauf), Univ.-Prof.in Dr.in İnci Dirim (Universität Wien, Institut für Germanistik, Arbeitsbereich Deutsch als Zweitsprache, und Zentrum für Lehrer*innenbildung), Univ.-Prof. Dr. Paul Mecheril (Universität Bielefeld, Fakultät für Erziehungswissenschaft, AG Migrationspädagogik und Rassismuskritik)
Mitorganisierende:
Dr.in Assimina Gouma, Mag.a Nicole Irmler (Universität Wien, Institut für Germanistik – Arbeitsbereich Deutsch als Zweitsprache), Ass.-Prof. Dr. Hannes Schweiger (Universität Wien, Institut für Germanistik und Zentrum für Lehrer*innenbildung)