Generalversammlung 2021

Die Planungen für die Generalversammlung 2021 sind bereits in vollem Gange. In diesem Sinne laden wir Sie herzlichst ein, am Donnerstag, dem 25. November 2021, ab 16:00 an der Veranstaltung teilzunehmen. Es ist dem amtierenden Vorstand der ÖGS ein besonderes Anliegen, allen Mitgliedern unabhängig ihres Wohnorts, etwaiger Betreuungsverpflichtungen oder der Zugehörigkeit zu Risikogruppen eine Teilnahme zu ermöglichen. Deshalb wird die Generalversammlung auch in diesem (weiteren Corona-) Jahr digital abgehalten.

Was ist auf der Generalversammlung geboten? Eine ganze Menge, darunter die ÖGS-Vorstandswahl für die Periode 2021-2023 und die Verleihung der ÖGS-Preise für herausragende Masterarbeiten und Dissertationen. 16 Masterarbeiten und 6 Dissertationen wurden eingereicht und stellten die Jury vor wirklich schwierige Abwägungsprozesse. Die Tagesordnung wird Mitgliedern der Österreichischen Gesellschaft für Soziologie zeitnah zugestellt. Anträge können bis 22. November 17:00 bei der Geschäftsstelle eingereicht werden.

Rückschau: Soziologiekongress 2021

70 Jahre ÖGS – Rückschau

Workshops zu fortgeschrittenen Verfahren der quantitativer Datenauswertung

Sektion: Soziologische Forschungsdesigns und -methoden
Im Zuge einer wechselseitigen Öffnung der Methodenausbildung bieten die Universitäten Graz und Linz im Zusammenarbeit mit der ÖGS-Sektion „Soziologische Forschungsdesigns und -Methoden“ zwei Workshops zu fortgeschrittenen Verfahren an, die für Studierende aus sozialwissenschaftlichen Master-Studiengängen sowie Phd/Doktoratsprogrammen und interessierte Forschende offen stehen.

  • Mehrebenenanalyse mit R; Workshopleitung: Malcolm Fairbrother (Umeå University, Schweden & Universität Graz); Administration: Markus Hadler (Universität Graz). Datum: 16. und 17. April 2021.
  • Strukturgleichungsmodelle mit AMOS; Workshopleitung und Administration: Dimitri Prandner und Robert Moosbrugger (beide Universität Linz). Datum: 28. und 29. Mai 2021.

Die Anmeldung für die jeweils 2-tägigen Workshops erfolgt via E-Mail an Dimitri.Prandner(at)jku.at, die Teilnahme ist kostenfrei, setzt aber einen Zugang zu R bzw. SPSS mit AMOS Modul voraus. Die Workshops werden aufgrund der aktuellen Pandemiebedingungen mittels der Software WebEx der Firma Cisco administriert (verfügbar unter: www.webex.com).
Die Anmeldung hat bis zum 1. April 2021 zu erfolgen und wird bis zum 5. April 2021 bestätigt, die Veranstalter behalten sich das Recht vor, die Anzahl an Teilnehmer*innen zu begrenzen. Die Teilnahme an den Workshops wird von Seiten der Sektionsleitung in Form einer Teilnahmebestätigung zertifiziert, die auch die Arbeitszeit und Arbeitsleistung der Teilnehmenden ausweist. Arbeitssprache während der Workshops ist Englisch.
Mehr Informationen (pdf)

ÖGS-Preis für Dissertationen und Masterarbeiten

Die Österreichische Gesellschaft für Soziologie vergibt Preise für hervorragende Dissertationen und Masterarbeiten und bittet um Einreichungen bis 31.05.2021.
Teilnahmeberechtigt sind

  • Dissertationen bzw. Masterarbeiten, die an einer österreichischen Universität eingereicht wurden
  • Approbationszeitraum der Dissertation/Masterarbeit: 01.01.2019 bis 31.12.2020
  • Benotung der Dissertation/Masterarbeit: ’sehr gut‘

Allgemeine Anforderungen
Die Dissertation/Masterarbeit kann sowohl theoretisch als auch empirisch ausgerichtet sein. Inhaltlich soll die vorgelegte Arbeit das Potential haben, von besonderer Bedeutung für die Entwicklung der Soziologie zu sein.
Beurteilungskriterien

  • Qualität der theoretischen Grundlagen bzw. der methodischen Durchführung
  • Wissenschaftlich innovative Aspekte und Neuheitswert der behandelten Thematik
  • Relevanz für die Entwicklung der Soziologie und/oder die gesellschaftliche Praxis
  • Klarheit und Aussagekraft von Sprache, Graphiken sowie anderen Formen der Dokumentation und Präsentation

Einreichung
Die Einreichung der Dissertation/Masterarbeit erfolgt in elektronischer Form (1 PDF-File pro Einreichung) an: office@oegs.ac.at
Jede Einreichung umfasst: aussagekräftige Kurzzusammenfassung der Arbeit (max. 2 Seiten); Dissertation bzw. Masterarbeit; Zeugnis bzw. Bescheid.
Ende der Einreichfrist: 31.05.2021
Preisverleihung
Die Entscheidung über die Zuerkennung des Preises trifft eine Jury.
Die Preise der ÖGS sind wie folgt dotiert: ein Dissertationspreis à 500 Euro und drei Preise für Masterarbeiten mit je 300 Euro. Gereihte Dissertationen/Masterarbeiten werden mit Anerkennungsurkunden gewürdigt. Die Preisverleihung findet im Rahmen der Generalversammlung im November 2021 in Wien statt.
Dokument als pdf

Soziologiekongress 2021: Die Post-Corona-Gesellschaft? Pandemie, Krise und ihre Folgen

Soziologiekongress 2021

Veranstalter: Österreichische Gesellschaft für Soziologie (ÖGS) und Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS)
Zeit: 23. bis 25. August 2021
Ort: Wirtschaftsuniversität Wien
Zur Kongresswebsite geht es hier.
„Alle Räder stehen still, wenn Dein starker Arm es will!“ So lautete die Ermutigung an die Arbeiterklasse als revolutionäres Subjekt im 19. und 20. Jahrhundert, um radikalen gesellschaftlichen Wandel herbeizuführen. Im 21. Jahrhundert ist es ein unbekannter Virus, der eine globale Pandemie auslöst, und wie auf unwiderstehlichen Befehl hin stehen alle Räder still. „Shutdown“ wird eine grundstürzend neue Erfahrung für alle gegenwärtigen Gesellschaften. Es scheint die Chance für eine „Große Transformation“ zu sein, die allenthalben von verschiedenen Seiten gefordert wird. Klimawandel, Umweltzerstörung, Ressourcenraubbau – alles das, was mit modernen Extraktionstechniken assoziiert wird, steht plötzlich zur Disposition. Auch die Globalisierung als Treiber für die Dynamik des gegenwärtigen Kapitalismus wird unversehens in Frage gestellt, obgleich sie in der Vergangenheit trotz aller bitterer Kosten zweifelsohne zum Abbau von globaler sozialer Ungleichheit beigetragen und 300 Millionen Menschen vor allem in China in die Mittelschicht katapultiert hat.
Post-Corona-Gesellschaft – der Titel dieses Soziologiekongresses könnte die Vermutung nahelegen, dass Corona ein Problem der Vergangenheit ist und wir längst auf dem Weg in eine Phase der Normalisierung eingetreten sind. Dies ist ganz offensichtlich nicht der Fall. Corona fordert die Gesellschaft heraus, nach wie vor und auf vielen Ebenen – auch wenn der große Schockmoment, in dem die Welt den Atem anhielt, erst einmal überstanden zu sein scheint. Die Soziologie diskutiert auf virtuellen Tagungen und in Videokonferenzen, wie es weiter gehen kann und welche Lehren aus der anhaltenden Krise zu ziehen sein werden. Wie wird die Post-Corona-Gesellschaft aussehen? Wie geht die Gesellschaft aus einer Situation hervor, in der Wirtschaft, Arbeitswelt und öffentliches Leben einheitlich dem Imperativ der Nicht-Überlastung des Gesundheitssystems unterworfen waren? Vermag diese globale Krisenerfahrung die Weichen umzustellen für eine neue Gesellschaft, die die alten Imperative von Fortschritt, Wachstum, Beschleunigung hinterfragt? Wird sich überhaupt so etwas wie ein Epochenbruch ausmachen lassen oder beschreibt die Post-Corona-Gesellschaft eher eine Phase, in der das Coronavirus allmählich zu einem ganz normalen Gesellschaftsakteur wird (so wie Prionen oder Neutrinos)? Und welche neuen Trends und Tendenzen lassen sich beobachten?
Eines steht für die Soziologie außer Zweifel: Jede Krise prüft den Zustand der Gesellschaft. Getestet werden die Stabilität der Ordnung, das Funktionieren der Institutionen, die Resilienz von Gewohnheiten und Traditionen und natürlich die Lernfähigkeit der Gesellschaft im Umgang mit den Folgen. Für die Soziologie ist die Coronakrise daher ein interessanter Belastungstest für manche ihrer Konzepte und Theorieannahmen: Aus arbeitssoziologischer Perspektive mögen Erfahrungen mit dem Homeoffice die Debatte um die Entgrenzung von Arbeit bereichern. Aus familiensoziologischer Perspektive stellt sich die Frage, inwiefern die (ungleiche) Verteilung von Sorgelasten einen Rückfall in überkommen geglaubte Geschlechterrollen bedeutet. Die Techniksoziologie wird danach fragen, ob Digitalisierung und Künstliche Intelligenz nun noch rascher und flächendeckender durchgesetzt werden als zuvor und welche Folgen Formate digitaler Kommunikation in allen Lebensbereichen haben. Die Politische Soziologie wird sich dafür interessieren, ob extreme Krisen wie die Coronakrise einen bestimmten Typus politischer Herrschaft befördern und welcher Typus von politischer Regierung mit seinem Governance-Stil besser und wirkungsvoller agiert als andere. Aus konfliktsoziologischer Perspektive mag insbesondere interessieren, wie sich jene eigenartig breite Protestbewegung einordnen lässt, die sich im Kontext der Demonstrationen gegen die restriktiven politischen Maßnahmen entwickelt hat und im Feuilleton unter „Pandemie-Pegida“ firmiert. Aus wissenssoziologischer Perspektive irritiert der Boom von Verschwörungstheorien und „Fake News“ – ausgerechnet in einer Krise, die die Bedeutung wissenschaftlicher Expertise unterstrich. Die Umweltsoziologie sorgt sich darum, ob der Ausgang aus der Krise in der unverwandten Rückkehr zur „Normalität“ des globalen Turbokapitalismus besteht, um die materiellen Einbußen so rasch wie möglich aufzuholen, aber eben um den Preis, dass sich der ökologische Verfall unserer Welt noch im 21. Jahrhundert erfüllen wird. Und natürlich die Wirtschaft: Stärkt die Hoffnung auf den Post-Corona-Boom die Legitimationsgrundlage sozialer Marktwirtschaften oder ergibt sich die bereits erwähnte Chance auf eine Große Transformation?
Nicht zuletzt fordert die Coronakrise auch die Gesellschaftstheorie heraus: Welche Folgen hat es für eine funktional differenzierte Gesellschaft, wenn diese extrem dynamische und heterogene Ordnung durch politische Maßgabe auf einen zentralen Leitwert, nämlich den Lebensschutz, programmiert wird? Wie haben die verschiedenen Gesellschaften dieser Welt auf die Pandemie reagiert? Welche Lernprozesse waren zu beobachten? Welche Weichenstellungen wurden vorgenommen und warum? Welche Rückwirkungen wird die Pandemie-Erfahrung für unsere Lebensführung haben? Wie steht es um die Zukunft der Mobilität im Flug-, Bahn- und Autobereich? Bedarf die Moderne mit ihrer sich stets und ständig selbst überbietenden Steigerungslogik des „Schicksals“, etwa in Gestalt eines Virus, um von dem unwiderstehlichen Pfad der permanenten Selbstüberbietung vor dem Horizont der Selbstauslöschung abgebracht werden zu können? Spielt der Virus „Gott“ und kann uns neue Gebote überbringen, die einen nachhaltigen Transformationspfad einzuschlagen erlaubt?
Der Soziologiekongress in Wien wird sich um diesen Fragenkreis drehen. Wie ist es möglich, dass ein aggressiver, grippeartiger Virus schafft, was auf dieser Welt bislang nicht gelingen sollte: Innehalten, Nachdenken und Basisroutinen in Frage stellen? Diesen produktiven Impuls des Coronavirus will der Kongress in Wien aufnehmen und vertiefen. In einer Reihe von Plenarveranstaltungen, Ad-hoc-Gruppen und Sektionsveranstaltungen soll der rationale soziologische Gehalt der gesellschaftsdiagnostisch orientierten These einer Post-Corona-Gesellschaft zur Diskussion gestellt werden.

Plenen

Die Sektionen sind eingeladen, sich am Auswahlprozess der Plenen zu beteiligen. Informationen über das genaue Prozedere wird es im Rahmen der weiteren Aussendungen geben. Die Plenarveranstaltungen könnten sich auf folgende Themen beziehen (ohne darauf beschränkt sein zu müssen):

  1. Die Post-Corona-Gesellschaft: Begriffsproblematik und Krisensemantik
  2. Der Primat des Gesundheitssystems: Probleme und Folgen
  3. Wirtschaft, Wachstum und Wohlstand in Post-Corona-Gesellschaften
  4. Beruf, Familie und Lebensführung: Erfahrungen mit COVID-19 und ihre Folgen
  5. Körper, Selbst und Biosozialität: Krisenerfahrungen und Bewältigungsstrategien
  6. Zwischen Virologie und Verschwörungstheorie: Expertise in der Coronakrise

Sektionsveranstaltungen

Die Sektionen von DGS und ÖGS sind aufgerufen, in jeweiliger Kooperation und nach Möglichkeit gemeinsam mit den Kolleg/innen aus den Forschungskomitees der SGS die Themen ihrer Sektionsveranstaltungen festzulegen und sie den Kongressorganisator/innen zu melden. Jede Sektionskooperation hat die Möglichkeit, eine Session (120 Minuten) zu gestalten. All jene Sektionen, die innerhalb der ÖGS bzw. DGS keine Schwestersektion haben, können ebenfalls Themenvorschläge einreichen. Stichtag für die Meldung von Sektionsveranstaltungen ist der 23. Dezember 2020.

Ad-hoc-Gruppen

Anträge für Ad-hoc-Gruppen können bis zum 1. Februar 2021 gestellt werden. Die Auswahl der Ad-hoc-Gruppen trifft eine Jury, die sich aus Mitgliedern der Vorstände von DGS und ÖGS zusammensetzt. Österreichisch-deutsche Kooperationen werden bei der Auswahl bevorzugt behandelt.
Informationen zum Einreichungs- und Bewerbungsverfahren erhalten Sie in Kürze auf den Homepages von ÖGS und DGS.
AnsprechpartnerIn:
Dr. Sonja Schnitzler (DGS), sonja.schnitzler(at)kwi-nrw.de
Philipp Molitor, BA (ÖGS), office(at)oegs.ac.at
Wir gehen davon aus, dass der Soziologiekongress Ende August 2021 als Präsenzveranstaltung möglich sein wird. Sollte dies wider Erwarten nicht der Fall sein, wird er in virtueller Form durchgeführt werden. Mit Blick auf den Titel unseres Kongresses („Post-Corona-Gesellschaft?“) würden damit die Risiken soziologischer Zeitdiagnostik offenbar. Aber das müssen wir wohl in Kauf nehmen.
Themenpapier Soziologiekongress 2021 in Wien

Aufruf: Vernetzungstreffen Jugendsoziologie

Als Jugendforscher*innen versuchen wir zu verstehen, wie sich gesellschaftliche Veränderungen auf die Lebensrealitäten und auf die -verläufe der heutigen Jugendlichen und jungen Erwachsenen auswirken. Zahlreiche internationale als auch nationale Forschungsprojekte beschäftigten sich mit Themen der Jugendforschung. Bisher sind sie jedoch für viele Forscher*innen unbekannt. Gerne möchte ich daher anregen, Interessierte der Jugendforschung innerhalb der Österreichischen Gesellschaft für Soziologie zu vernetzen, um auch die „Jugendforschung“ als Sektion der ÖGS zu etablieren. Bei Interesse bitte ich Interessent*innen sich unter ralph.chan(at)univie.ac.at zu melden.

Ralph Chan ist derzeit wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für LehrerInnenbildung und Doktorand am Institut für Soziologie an der Universität Wien. Seine Forschungsinteressen sind Jugend- und Bildungssoziologie, Stadtforschung und Sozialpolitik. Er forscht über das österreichische Bildungs- und Ausbildungssystem, bürgerschaftliches (digitales) Engagement.
Er ist Mitglied von der ISA RC34 (International Sociological Association – RC34 Sociology of Youth), Gründungsmitglied der RYOT Network (Research on Youth Opportunities and Transitions, http://ryot-network.eu/ ) und des #Youth #Education PhD Club der Vienna Doctoral School of Social Sciences (https://vds-sosci.univie.ac.at/your-benefits/phd-clubs/).

Die Post-Corona-Gesellschaft? Pandemie, Krise und ihre Folgen

Soziologiekongress 2021

Veranstalter: Österreichische Gesellschaft für Soziologie (ÖGS) und Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS)
Zeit: 23. bis 25. August 2021
Ort: Wirtschaftsuniversität Wien
„Alle Räder stehen still, wenn Dein starker Arm es will!“ So lautete die Ermutigung an die Arbeiterklasse als revolutionäres Subjekt im 19. und 20. Jahrhundert, um radikalen gesellschaftlichen Wandel herbeizuführen. Im 21. Jahrhundert ist es ein unbekannter Virus, der eine globale Pandemie auslöst, und wie auf unwiderstehlichen Befehl hin stehen alle Räder still. „Shutdown“ wird eine grundstürzend neue Erfahrung für alle gegenwärtigen Gesellschaften. Es scheint die Chance für eine „Große Transformation“ zu sein, die allenthalben von verschiedenen Seiten gefordert wird. Klimawandel, Umweltzerstörung, Ressourcenraubbau – alles das, was mit modernen Extraktionstechniken assoziiert wird, steht plötzlich zur Disposition. Auch die Globalisierung als Treiber für die Dynamik des gegenwärtigen Kapitalismus wird unversehens in Frage gestellt, obgleich sie in der Vergangenheit trotz aller bitterer Kosten zweifelsohne zum Abbau von globaler sozialer Ungleichheit beigetragen und 300 Millionen Menschen vor allem in China in die Mittelschicht katapultiert hat.
Post-Corona-Gesellschaft – der Titel dieses Soziologiekongresses könnte die Vermutung nahelegen, dass Corona ein Problem der Vergangenheit ist und wir längst auf dem Weg in eine Phase der Normalisierung eingetreten sind. Dies ist ganz offensichtlich nicht der Fall. Corona fordert die Gesellschaft heraus, nach wie vor und auf vielen Ebenen – auch wenn der große Schockmoment, in dem die Welt den Atem anhielt, erst einmal überstanden zu sein scheint. Die Soziologie diskutiert auf virtuellen Tagungen und in Videokonferenzen, wie es weiter gehen kann und welche Lehren aus der anhaltenden Krise zu ziehen sein werden. Wie wird die Post-Corona-Gesellschaft aussehen? Wie geht die Gesellschaft aus einer Situation hervor, in der Wirtschaft, Arbeitswelt und öffentliches Leben einheitlich dem Imperativ der Nicht-Überlastung des Gesundheitssystems unterworfen waren? Vermag diese globale Krisenerfahrung die Weichen umzustellen für eine neue Gesellschaft, die die alten Imperative von Fortschritt, Wachstum, Beschleunigung hinterfragt? Wird sich überhaupt so etwas wie ein Epochenbruch ausmachen lassen oder beschreibt die Post-Corona-Gesellschaft eher eine Phase, in der das Coronavirus allmählich zu einem ganz normalen Gesellschaftsakteur wird (so wie Prionen oder Neutrinos)? Und welche neuen Trends und Tendenzen lassen sich beobachten?
Eines steht für die Soziologie außer Zweifel: Jede Krise prüft den Zustand der Gesellschaft. Getestet werden die Stabilität der Ordnung, das Funktionieren der Institutionen, die Resilienz von Gewohnheiten und Traditionen und natürlich die Lernfähigkeit der Gesellschaft im Umgang mit den Folgen. Für die Soziologie ist die Coronakrise daher ein interessanter Belastungstest für manche ihrer Konzepte und Theorieannahmen: Aus arbeitssoziologischer Perspektive mögen Erfahrungen mit dem Homeoffice die Debatte um die Entgrenzung von Arbeit bereichern. Aus familiensoziologischer Perspektive stellt sich die Frage, inwiefern die (ungleiche) Verteilung von Sorgelasten einen Rückfall in überkommen geglaubte Geschlechterrollen bedeutet. Die Techniksoziologie wird danach fragen, ob Digitalisierung und Künstliche Intelligenz nun noch rascher und flächendeckender durchgesetzt werden als zuvor und welche Folgen Formate digitaler Kommunikation in allen Lebensbereichen haben. Die Politische Soziologie wird sich dafür interessieren, ob extreme Krisen wie die Coronakrise einen bestimmten Typus politischer Herrschaft befördern und welcher Typus von politischer Regierung mit seinem Governance-Stil besser und wirkungsvoller agiert als andere. Aus konfliktsoziologischer Perspektive mag insbesondere interessieren, wie sich jene eigenartig breite Protestbewegung einordnen lässt, die sich im Kontext der Demonstrationen gegen die restriktiven politischen Maßnahmen entwickelt hat und im Feuilleton unter „Pandemie-Pegida“ firmiert. Aus wissenssoziologischer Perspektive irritiert der Boom von Verschwörungstheorien und „Fake News“ – ausgerechnet in einer Krise, die die Bedeutung wissenschaftlicher Expertise unterstrich. Die Umweltsoziologie sorgt sich darum, ob der Ausgang aus der Krise in der unverwandten Rückkehr zur „Normalität“ des globalen Turbokapitalismus besteht, um die materiellen Einbußen so rasch wie möglich aufzuholen, aber eben um den Preis, dass sich der ökologische Verfall unserer Welt noch im 21. Jahrhundert erfüllen wird. Und natürlich die Wirtschaft: Stärkt die Hoffnung auf den Post-Corona-Boom die Legitimationsgrundlage sozialer Marktwirtschaften oder ergibt sich die bereits erwähnte Chance auf eine Große Transformation?
Nicht zuletzt fordert die Coronakrise auch die Gesellschaftstheorie heraus: Welche Folgen hat es für eine funktional differenzierte Gesellschaft, wenn diese extrem dynamische und heterogene Ordnung durch politische Maßgabe auf einen zentralen Leitwert, nämlich den Lebensschutz, programmiert wird? Wie haben die verschiedenen Gesellschaften dieser Welt auf die Pandemie reagiert? Welche Lernprozesse waren zu beobachten? Welche Weichenstellungen wurden vorgenommen und warum? Welche Rückwirkungen wird die Pandemie-Erfahrung für unsere Lebensführung haben? Wie steht es um die Zukunft der Mobilität im Flug-, Bahn- und Autobereich? Bedarf die Moderne mit ihrer sich stets und ständig selbst überbietenden Steigerungslogik des „Schicksals“, etwa in Gestalt eines Virus, um von dem unwiderstehlichen Pfad der permanenten Selbstüberbietung vor dem Horizont der Selbstauslöschung abgebracht werden zu können? Spielt der Virus „Gott“ und kann uns neue Gebote überbringen, die einen nachhaltigen Transformationspfad einzuschlagen erlaubt?
Der Soziologiekongress in Wien wird sich um diesen Fragenkreis drehen. Wie ist es möglich, dass ein aggressiver, grippeartiger Virus schafft, was auf dieser Welt bislang nicht gelingen sollte: Innehalten, Nachdenken und Basisroutinen in Frage stellen? Diesen produktiven Impuls des Coronavirus will der Kongress in Wien aufnehmen und vertiefen. In einer Reihe von Plenarveranstaltungen, Ad-hoc-Gruppen und Sektionsveranstaltungen soll der rationale soziologische Gehalt der gesellschaftsdiagnostisch orientierten These einer Post-Corona-Gesellschaft zur Diskussion gestellt werden.

Plenen

Die Sektionen sind eingeladen, sich am Auswahlprozess der Plenen zu beteiligen. Informationen über das genaue Prozedere wird es im Rahmen der weiteren Aussendungen geben. Die Plenarveranstaltungen könnten sich auf folgende Themen beziehen (ohne darauf beschränkt sein zu müssen):

  1. Die Post-Corona-Gesellschaft: Begriffsproblematik und Krisensemantik
  2. Der Primat des Gesundheitssystems: Probleme und Folgen
  3. Wirtschaft, Wachstum und Wohlstand in Post-Corona-Gesellschaften
  4. Beruf, Familie und Lebensführung: Erfahrungen mit COVID-19 und ihre Folgen
  5. Körper, Selbst und Biosozialität: Krisenerfahrungen und Bewältigungsstrategien
  6. Zwischen Virologie und Verschwörungstheorie: Expertise in der Coronakrise

Sektionsveranstaltungen

Die Sektionen von DGS und ÖGS sind aufgerufen, in jeweiliger Kooperation und nach Möglichkeit gemeinsam mit den Kolleg/innen aus den Forschungskomitees der SGS die Themen ihrer Sektionsveranstaltungen festzulegen und sie den Kongressorganisator/innen zu melden. Jede Sektionskooperation hat die Möglichkeit, eine Session (90 Minuten) zu gestalten. All jene Sektionen, die innerhalb der ÖGS bzw. DGS keine Schwestersektion haben, können ebenfalls Themenvorschläge einreichen. Stichtag für die Meldung von Sektionsveranstaltungen ist der 23. Dezember 2020.

Ad-hoc-Gruppen

Anträge für Ad-hoc-Gruppen können bis zum 1. Februar 2021 gestellt werden. Die Auswahl der Ad-hoc-Gruppen trifft eine Jury, die sich aus Mitgliedern der Vorstände von DGS und ÖGS zusammensetzt. Österreichisch-deutsche Kooperationen werden bei der Auswahl bevorzugt behandelt.
Informationen zum Einreichungs- und Bewerbungsverfahren erhalten Sie in Kürze auf den Homepages von ÖGS und DGS.
AnsprechpartnerIn:
Dr. Sonja Schnitzler (DGS), sonja.schnitzler(at)kwi-nrw.de
Philipp Molitor, BA (ÖGS), office(at)oegs.ac.at
Wir gehen davon aus, dass der Soziologiekongress Ende August 2021 als Präsenzveranstaltung möglich sein wird. Sollte dies wider Erwarten nicht der Fall sein, wird er in virtueller Form durchgeführt werden. Mit Blick auf den Titel unseres Kongresses („Post-Corona-Gesellschaft?“) würden damit die Risiken soziologischer Zeitdiagnostik offenbar. Aber das müssen wir wohl in Kauf nehmen.
Link zum Themenpapier