CfP: Jahrestagung Soziologische Theorie
Weiterleitung zum CfP (pdf)
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Veranstalter: Österreichische Gesellschaft für Soziologie (ÖGS) und Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS)
Zeit: 23. bis 25. August 2021
Ort: Wirtschaftsuniversität Wien
Zur Kongresswebsite geht es hier.
„Alle Räder stehen still, wenn Dein starker Arm es will!“ So lautete die Ermutigung an die Arbeiterklasse als revolutionäres Subjekt im 19. und 20. Jahrhundert, um radikalen gesellschaftlichen Wandel herbeizuführen. Im 21. Jahrhundert ist es ein unbekannter Virus, der eine globale Pandemie auslöst, und wie auf unwiderstehlichen Befehl hin stehen alle Räder still. „Shutdown“ wird eine grundstürzend neue Erfahrung für alle gegenwärtigen Gesellschaften. Es scheint die Chance für eine „Große Transformation“ zu sein, die allenthalben von verschiedenen Seiten gefordert wird. Klimawandel, Umweltzerstörung, Ressourcenraubbau – alles das, was mit modernen Extraktionstechniken assoziiert wird, steht plötzlich zur Disposition. Auch die Globalisierung als Treiber für die Dynamik des gegenwärtigen Kapitalismus wird unversehens in Frage gestellt, obgleich sie in der Vergangenheit trotz aller bitterer Kosten zweifelsohne zum Abbau von globaler sozialer Ungleichheit beigetragen und 300 Millionen Menschen vor allem in China in die Mittelschicht katapultiert hat.
Post-Corona-Gesellschaft – der Titel dieses Soziologiekongresses könnte die Vermutung nahelegen, dass Corona ein Problem der Vergangenheit ist und wir längst auf dem Weg in eine Phase der Normalisierung eingetreten sind. Dies ist ganz offensichtlich nicht der Fall. Corona fordert die Gesellschaft heraus, nach wie vor und auf vielen Ebenen – auch wenn der große Schockmoment, in dem die Welt den Atem anhielt, erst einmal überstanden zu sein scheint. Die Soziologie diskutiert auf virtuellen Tagungen und in Videokonferenzen, wie es weiter gehen kann und welche Lehren aus der anhaltenden Krise zu ziehen sein werden. Wie wird die Post-Corona-Gesellschaft aussehen? Wie geht die Gesellschaft aus einer Situation hervor, in der Wirtschaft, Arbeitswelt und öffentliches Leben einheitlich dem Imperativ der Nicht-Überlastung des Gesundheitssystems unterworfen waren? Vermag diese globale Krisenerfahrung die Weichen umzustellen für eine neue Gesellschaft, die die alten Imperative von Fortschritt, Wachstum, Beschleunigung hinterfragt? Wird sich überhaupt so etwas wie ein Epochenbruch ausmachen lassen oder beschreibt die Post-Corona-Gesellschaft eher eine Phase, in der das Coronavirus allmählich zu einem ganz normalen Gesellschaftsakteur wird (so wie Prionen oder Neutrinos)? Und welche neuen Trends und Tendenzen lassen sich beobachten?
Eines steht für die Soziologie außer Zweifel: Jede Krise prüft den Zustand der Gesellschaft. Getestet werden die Stabilität der Ordnung, das Funktionieren der Institutionen, die Resilienz von Gewohnheiten und Traditionen und natürlich die Lernfähigkeit der Gesellschaft im Umgang mit den Folgen. Für die Soziologie ist die Coronakrise daher ein interessanter Belastungstest für manche ihrer Konzepte und Theorieannahmen: Aus arbeitssoziologischer Perspektive mögen Erfahrungen mit dem Homeoffice die Debatte um die Entgrenzung von Arbeit bereichern. Aus familiensoziologischer Perspektive stellt sich die Frage, inwiefern die (ungleiche) Verteilung von Sorgelasten einen Rückfall in überkommen geglaubte Geschlechterrollen bedeutet. Die Techniksoziologie wird danach fragen, ob Digitalisierung und Künstliche Intelligenz nun noch rascher und flächendeckender durchgesetzt werden als zuvor und welche Folgen Formate digitaler Kommunikation in allen Lebensbereichen haben. Die Politische Soziologie wird sich dafür interessieren, ob extreme Krisen wie die Coronakrise einen bestimmten Typus politischer Herrschaft befördern und welcher Typus von politischer Regierung mit seinem Governance-Stil besser und wirkungsvoller agiert als andere. Aus konfliktsoziologischer Perspektive mag insbesondere interessieren, wie sich jene eigenartig breite Protestbewegung einordnen lässt, die sich im Kontext der Demonstrationen gegen die restriktiven politischen Maßnahmen entwickelt hat und im Feuilleton unter „Pandemie-Pegida“ firmiert. Aus wissenssoziologischer Perspektive irritiert der Boom von Verschwörungstheorien und „Fake News“ – ausgerechnet in einer Krise, die die Bedeutung wissenschaftlicher Expertise unterstrich. Die Umweltsoziologie sorgt sich darum, ob der Ausgang aus der Krise in der unverwandten Rückkehr zur „Normalität“ des globalen Turbokapitalismus besteht, um die materiellen Einbußen so rasch wie möglich aufzuholen, aber eben um den Preis, dass sich der ökologische Verfall unserer Welt noch im 21. Jahrhundert erfüllen wird. Und natürlich die Wirtschaft: Stärkt die Hoffnung auf den Post-Corona-Boom die Legitimationsgrundlage sozialer Marktwirtschaften oder ergibt sich die bereits erwähnte Chance auf eine Große Transformation?
Nicht zuletzt fordert die Coronakrise auch die Gesellschaftstheorie heraus: Welche Folgen hat es für eine funktional differenzierte Gesellschaft, wenn diese extrem dynamische und heterogene Ordnung durch politische Maßgabe auf einen zentralen Leitwert, nämlich den Lebensschutz, programmiert wird? Wie haben die verschiedenen Gesellschaften dieser Welt auf die Pandemie reagiert? Welche Lernprozesse waren zu beobachten? Welche Weichenstellungen wurden vorgenommen und warum? Welche Rückwirkungen wird die Pandemie-Erfahrung für unsere Lebensführung haben? Wie steht es um die Zukunft der Mobilität im Flug-, Bahn- und Autobereich? Bedarf die Moderne mit ihrer sich stets und ständig selbst überbietenden Steigerungslogik des „Schicksals“, etwa in Gestalt eines Virus, um von dem unwiderstehlichen Pfad der permanenten Selbstüberbietung vor dem Horizont der Selbstauslöschung abgebracht werden zu können? Spielt der Virus „Gott“ und kann uns neue Gebote überbringen, die einen nachhaltigen Transformationspfad einzuschlagen erlaubt?
Der Soziologiekongress in Wien wird sich um diesen Fragenkreis drehen. Wie ist es möglich, dass ein aggressiver, grippeartiger Virus schafft, was auf dieser Welt bislang nicht gelingen sollte: Innehalten, Nachdenken und Basisroutinen in Frage stellen? Diesen produktiven Impuls des Coronavirus will der Kongress in Wien aufnehmen und vertiefen. In einer Reihe von Plenarveranstaltungen, Ad-hoc-Gruppen und Sektionsveranstaltungen soll der rationale soziologische Gehalt der gesellschaftsdiagnostisch orientierten These einer Post-Corona-Gesellschaft zur Diskussion gestellt werden.
Die Sektionen sind eingeladen, sich am Auswahlprozess der Plenen zu beteiligen. Informationen über das genaue Prozedere wird es im Rahmen der weiteren Aussendungen geben. Die Plenarveranstaltungen könnten sich auf folgende Themen beziehen (ohne darauf beschränkt sein zu müssen):
Die Sektionen von DGS und ÖGS sind aufgerufen, in jeweiliger Kooperation und nach Möglichkeit gemeinsam mit den Kolleg/innen aus den Forschungskomitees der SGS die Themen ihrer Sektionsveranstaltungen festzulegen und sie den Kongressorganisator/innen zu melden. Jede Sektionskooperation hat die Möglichkeit, eine Session (120 Minuten) zu gestalten. All jene Sektionen, die innerhalb der ÖGS bzw. DGS keine Schwestersektion haben, können ebenfalls Themenvorschläge einreichen. Stichtag für die Meldung von Sektionsveranstaltungen ist der 23. Dezember 2020.
Anträge für Ad-hoc-Gruppen können bis zum 1. Februar 2021 gestellt werden. Die Auswahl der Ad-hoc-Gruppen trifft eine Jury, die sich aus Mitgliedern der Vorstände von DGS und ÖGS zusammensetzt. Österreichisch-deutsche Kooperationen werden bei der Auswahl bevorzugt behandelt.
Informationen zum Einreichungs- und Bewerbungsverfahren erhalten Sie in Kürze auf den Homepages von ÖGS und DGS.
AnsprechpartnerIn:
Dr. Sonja Schnitzler (DGS), sonja.schnitzler(at)kwi-nrw.de
Philipp Molitor, BA (ÖGS), office(at)oegs.ac.at
Wir gehen davon aus, dass der Soziologiekongress Ende August 2021 als Präsenzveranstaltung möglich sein wird. Sollte dies wider Erwarten nicht der Fall sein, wird er in virtueller Form durchgeführt werden. Mit Blick auf den Titel unseres Kongresses („Post-Corona-Gesellschaft?“) würden damit die Risiken soziologischer Zeitdiagnostik offenbar. Aber das müssen wir wohl in Kauf nehmen.
Themenpapier Soziologiekongress 2021 in Wien
Sociological Knowledges for Alternative Futures. European Sociological Association (31.8.-3.9.2021; hybride oder rein virtuelle Veranstaltung).
Seit 1992 organisiert die European Sociological Association jedes zweite Jahr eine Konferenz in verschiedenen europäischen Ländern. Vom 31. August bis 3. September 2021 werden 3000 Teilnehmer aus aller Welt zur 15. ESA-Konferenz mit dem Thema „Sociological Knowledges for Alternative Futures“ in Barcelona, Spanien, erwartet.
Nähere Informationen finden Sie hier: https://www.europeansociology.org/esa-conference-2021-in-barcelona
INUAS (3.-5.3.2021, virtuelle Veranstaltung)
Die Konferenzreihe „Urbane Transformationen: Wohnen | Ressourcen | Öffentliche Räume“ geht in die zweite Runde. Die Tagung mit dem Schwerpunkt Ressourcen wird vom 3. bis 5. März 2021 an der Hochschule München ausgerichtet. Weitere Informationen finden Sie auf der Konferenzwebsite.
Ein gutes Leben durch weniger Konsum – Widerspruch oder Lösungsweg? Die Bedeutung von Suffizienz für den Konsum der Zukunft ist das Thema des 5. Symposiums Konsum neu denken, dass vom 23.-24. September 2021 an der Universität für Bodenkultur in Wien stattfinden wird. Die Organisation übernehmen Prof. Dr. Petra Riefler und Charlotte Baar, MSc vom Institut für Marketing und Innovation, Department für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Universität für Bodenkultur Wien.
Neben dem Ansatz der Suffizienz auf individueller Ebene sind institutionelle/politische (z.B. Anreize), gesellschaftliche (z.B. Werte und Normen einer Gesellschaft) sowie makroökonomische (z.B. Postwachstums-Volkswirtschaften) Rahmenbedingungen wichtige Themenfelder, die gesamtheitliche und interdisziplinäre Betrachtung benötigen. Vor diesem Hintergrund entwickelt sich seit einigen Jahren eine fachübergreifende Debatte, die durch die Pandemie aktuell verstärkt wird, ob suffiziente Lebensweisen eine zukunftsfähige Vision für nachhaltige Gesellschaften darstellen können. Generell lässt sich sagen, dass das Konzept der Suffizienz das Paradigma wachstumsorientierter Wirtschaftssysteme in Frage stellt und es Alternativen (Postwachstumsökonomie) bedarf, die den Wohlstand von Gesellschaften trotz Konsumreduktion langfristig gewährleisten.
Die erwähnten Aspekte sind nur einige einer Vielzahl inter- und transdisziplinärer Themen- und Problemfelder, die mit der Vision von suffizienten Konsumgesellschaften einhergehen, und Ideen- und Lösungsfindung bedürfen. Im Rahmen des Symposiums sollen Chancen, Barrieren, Herausforderungen und Rahmenbedingungen für suffizientere Konsumgesellschaften näher beleuchtet und aus unterschiedlichen Perspektiven diskutiert werden.
Das Symposium richtet sich an alle interessierten Personen. Expertinnen und Experten aus Wissenschaft (Wirtschaftswissenschaften, Soziologie, Psychologie, Philosophie, Nachhaltigkeitsforschung, Bildungswissenschaften, Fachdidaktik, Politikwissenschaft und andere) und Praxis (Politik, Unternehmen, Lehrpersonen an Schulen, NGOs, Soziale Bewegungen) sind ebenso eingeladen, wie Bürger*innen mit Erfahrungen in suffizienten Lebensweisen.
Wissenschaftliche Beiträge in Form von Extended Abstracts (Länge max. 2 A4-Seiten, inkl. Angabe von Kontaktdaten, dem Titel der Arbeit und Inhaltsbeschreibung) können bis spätestens 14. Mai 2021 über die Konferenzwebseite eingereicht werden. Doktoratsstudierende und Nachwuchswissenschaftler*innen sind ausdrücklich zur Einreichung von Beiträgen eingeladen.
Die ausführliche Beschreibung des Themas des 5. Symposiums und die Möglichkeit zur Teilnahme finden Sie hier. Wir würden uns freuen, Sie auf dieser Veranstaltung begrüßen zu dürfen.
Research Across Boundaries: Challenges of Interdisciplinary Work in the Context of Law
18 June 2021 | REWI Graz Day of IN(ter)DI(sciplinary) Research 2021
REWI Graz, the Faculty of Law at the University of Graz has a long-standing tradition of encouraging interdisciplinary research among its members. Still, notwithstanding this approach, the faculty is eager to listen to others, to learn from their experiences and to provide fora that allow academics from different countries and different traditions to meet and to exchange their views.
On 18th June 2021 the faculty has invited scholars from all disciplines to present papers on the theoretical and methodological challenges of interdisciplinary research in the context of law with a focus on climate change, artificial intelligence and autonomous driving, as well as digitalisation and cybersecurity.
More details on the programme, venue, registration, etc., are available at REWI GRAZ.
For further information please contact Maddalena Vivona (indi@uni-graz.at).
Dr. Günter Stummvoll wird am Donnerstag, 17. Dez. 2020 um 13:00-14:00 Uhr einen Jour Fixe Vortrag im European Centre for Social Welfare Policy and Research halten. In dem Vortrag wird über das EU-Projekt „SWaPOL – Social Work and Policing“ (ERASMUS+ Strategische Partnerschaften) berichtet und gleichzeitig über die Einordnung des Projekts in die Theorie der ‚Public Sociology‘ (Burawoy 2005) reflektiert. Dieses Projekt gibt Anlass, um über den Dialog zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit nachzudenken: Welche Schlüsse können daraus für die außeruniversitäre Forschung gezogen werden?
18 November, Zoom
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